Samstag, 17. September 2016

Orchester

Nun habe ich die erste richtige uni Woche hinter mir. Drei Mal die Woche habe ich morgens einen Kurs über fortgeschrittene organische Chemie, in dem ich mit meinem Wissen aus Freiburg glänzen kann, die anderen beiden Tage habe ich meinen Philosophie Kurs über Raum und Zeit bei dem ich spätestens in den letzten zehn Minuten den Faden verliere und mich frage, wie ich den Kurs bestehen soll und dann habe ich drei Mal die Woche Orchesterprobe. In der ersten Probe haben wir die Noten ausgeteilt bekommen und haben dann vom Blatt geprobt.

In ziemlich genau zwei Wochen haben wir unser erstes Konzert. Das ist ein Multibandkonzert ungefähr so wie ein Schulkonzert, wo jedes Ensemble ein oder zwei Stücke spielt. Unser Dirigent, ein vietnamesisch stämmiger, mittelalter, andauernd etwas affektiert lächelnder Mann, hat dafür Wagners „Ritt der Walküren“ ausgewählt. Ich denke mal jedem ist das Stück geläufig, weshalb er es vermutlich auch gewählt hat. Was mir nicht geläufig war, war die Streicherstimme. Vier Seiten voller Läufe durch alle Lagen, über alle Seiten. Diese Woche habe ich es geschafft, die erste Seite und damit einige Teile der dritten und vierten Seite so zu üben, dass ich sie auch tatsächlich spielen kann aber dafür habe ich mir den Rest des Programms nur sporadisch angesehen.
Das zweite Konzert, welches im Dezember sein wird, ist ein reines Orchester Konzert. Wir werden das Beethoven Violinkonzert, die Ouvertüre zu den Kreaturen des Prometheus spielen und leider Gottes Mathis der Maler von Hindemith. Eigentlich bin ich großer Fan von neuer Musik aber neue Symphoniemusik treibt mich schnell an meine Grenzen und Mathis der Maler bereitet mir nichts als Kopfschmerzen. Das Werk ist ziemlich kniffelig zu spielen und noch kniffeliger zu üben, weil ich nie höre, ob das jetzt so sein soll oder ob ich komplett danebenliege. Auch als wir es dann im Tutti geprobt haben, hat sich mir der Zauber des Werkes nicht so ganz erschlossen. Ich saß nur da und habe irgendwie versucht die Proben zu überleben.

Ein Großteil meiner Mitmusiker sind Musikstudenten und spielen auch sehr gut. Die Proben laufen sehr professionell ab und es ist alles sehr viel strikter als ich es von meinen bisherigen Orchestern gewohnt bin. Vermutlich ist das gut, weil viele von den anwesenden ja auf eine Karriere als Orchestermusiker vorbereitet werden wollen aber für mich ist das etwas ungewohnt. Aber da ich ja nicht vorhabe bei Proben zu fehlen oder derartiges sollte das kein Problem sein. Jetzt muss ich mich nur noch dazu bringen Mathis der Maler so lange zu üben, bis er auch klappt und dann wird der unter Umständen auch Spaß machen.

Abgesehen vom Orchester habe ich eigentlich diese Woche wenig gemacht. Ich hatte einige Sicherheitsseminare und nachdem die dann fertig waren, habe ich am Freitag angefangen im Labor zu arbeiten. Aber darüber schreibe ich mehr sobald ich auch etwas mehr gemacht habe.

Heute muss ich noch einen Essay für einen Kurs schreiben und natürlich üben und später gehe ich dann auf eine Wilkommensparty mit gratis Pizza.

Bis dann,

Zeno

 Hier noch ein Eindruck von "Mathis der Maler"

Samstag, 10. September 2016

Woche eins


Die erste Woche meiner Kurse hier ist jetzt vorbei. Mein ursprünglicher Plan war es einen Arabisch Intensivkurs zu belegen, einen Kurs über Symmetrie in Anorganik und dann noch ein klein bisschen im Labor zu arbeiten. Den habe ich dann am Dienstag komplett über den Haufen geworfen. Am Dienstag nach meiner ersten Arabisch Stunde, die schon deutlich gemacht hat, dass ich sehr viel Pauken müsste für den Kurs, hatte ich das Vorspiel für das Orchester. In Amherst bzw. an der UMass gibt es zwei große Orchester. Eines probt einmal die Woche und hat ein Konzert pro Semester und entspricht einem typischen Uniorchester. Die Mitglieder kommen aus allen möglichen Fakultäten und spielen aus Spaß an der Freude, entspricht also ziemlich einem Uniorchester in Deutschland. Das zweite Orchester probt dreimal die Woche, hat vier Konzerte und die Mitglieder kommen vor allem aus der Musik Fakultät. Wer in diesem Orchester spielt bekommt eine halbe Stunde gratis Unterricht von einem TA (einem Doktorand oder Master Student mit Lehrauftrag) und die Mitglieder bekommen Angebote in Kammermusikensembles mitzuspielen. Es entspricht also eher dem Orchester einer Musikhochschule. Ursprünglich wollte ich in keines von beiden, sondern nur in ein Kammermusikensemble aber die verantwortliche Professorin sagte ich müsse dafür im Orchester spielen. Deswegen war mein Plan dann einfach in das nicht ganz so ehrgeizige Orchester zu kommen um einfach in Übung zu bleiben. Nach dem Vorspiel meinte sie aber, dass ich in beide könnte, wenn ich wöllte.

Nach dem Vorspiel bin ich dann in einen Philosophiekurs über Raum und Zeit gegangen und war total begeistert von dem Professor und dem Thema. Am Mittwochmorgen war ich dann noch in einem Organikkurs der zwar vieles behandelt, was ich schon hatte aber dafür viel Wert auf Grundlagen legt. Nach dem Kurs habe ich dann noch mit dem Prof geredet und der hat mir angeboten ein Projekt bei ihm im Arbeitskreis zu machen. Nach einem Gespräch mit meiner Mutter war mir dann klar was ich machen werde.

Ich habe den Arabischkurs und den Kurs über Symmetrie geschmissen und werde jetzt dreimal die Woche ins Orchester gehen, Unterricht nehmen und viel Bratsche üben, dann belege ich den Kurs über Raum und Zeit, den Organikkurs (für den ich ehrlich gesagt, recht wenig machen muss, weshalb ich ihn auch genommen habe) und habe das Projekt bei meinem Prof (wobei ich noch nicht weiß, was ich genau machen werde, das muss er noch klären). Meine Mutter hat mich auf etwas gebracht, was mir so gar nicht klar war. Ich habe die letzten drei Jahre durchgehen gelernt und gearbeitet. Ich war zwischendurch extrem ausgebrannt und sehr an der Grenze meiner Belastbarkeit und ich habe jetzt die Chance mir eine Auszeit davon zu nehmen und einfach Kurse zu belegen die mich interessieren und mal wieder richtig Musik zu machen. Das Beste an der ganzen Sache ist, dass ich dafür sogar Credits bekomme und es zu meinem Studium zählt.

Nach dieser Entscheidung habe ich dann mit meiner Student Advisor gesprochen. Ein Student Advisor ist so eine Art Studiengangs Koordinator bloß nicht für den ganzen Studiengang sondern eben nur für einen selber. Die Kurse die man belegt muss man mit denen absprechen und sie schreiben einen in Kurse ein die Voraussetzungen haben. Meine ist eine kleine zierliche Dame mit grauem Feenhaar und unglaublich nett. Ihr Kommentar als sie meinen Stundenplan gesehen hat war „Wen man den Stundenplan anschaut würde man nicht glauben, dass du Chemie studierst aber weißt du was ich finde das gut. Man muss auch mal andere Kurse belegen.“ Also habe ich dann am Donnerstag meinen Stundenplan vollendet.

Als ich dann am Donnerstag mit meinem fertigen Stundenplan einkaufen war musste ich leider auf dem Heimweg feststellen, dass mein Fahrrad einen Platten hat. Also habe ich ein Reparaturset gekauft und zusammen mit einigen Youtube Videos den Reifen geflickt. Nach drei furchtbar missratenen Versuchen bin ich mit meinem Reifen, der jetzt deutlich langsamer Luft verloren hat, zu Walmart gefahren und habe dort einen neuen Schlauch gekauft und auf dem Parkplatz eingesetzt. Zu meiner Verteidigung: Der Schlauch hatte zwei Löcher. Eines habe ich dicht bekommen das zweite hat dann meine Fähigkeiten überschritten.

So ich gehe ich jetzt ins Kino. Bis dann!

Montag, 5. September 2016

Pride

In den USA wurde heute Labor Day gefeiert. Dieser Feiertag wurde von den amerikanischen Gewerkschaften erstritten und dient heute dazu den Unis einen Orientierungspunkt zu geben, wann sie das Semester starten sollen. An der UMass starten alle Kurse am Tag nach Labor Day. Diesen wollte ich eigentlich damit verbringen meine neue Kamera auf dem Campus Gassi zu führen und bin deswegen gegen Vormittag los geradelt. Auf dem Campus angekommen war dort eine kleine Völkerwanderung im Gange. Tausende von Menschen sind zu einem Stadion geströmt und etwas verunsichert bin ich dann hinter gelaufen, da es ja durchaus sein könnte, dass ich einend er zehntausend Termine verpennt habe. Am Stadion angekommen bin ich dann einer anderen Austauschstudentin aus Paris begegnet die meinte, dass da noch eine Willkommenszeremonie sei. Also haben wir uns ein T-Shirt und ein Programm geschnappt und sind den Massen hinterher.

Im Stadion stellte sich dann raus, dass es sich um die Willkommenszeremonie der neuen Erstis handelt und wir hier eigentlich gar nicht hinmüssten bzw. sollten. Aber wir blieben dann für die einhundertste inspirierende Rede und die Musik der Marchingband (die aus mindestens 300 Bläsern, Perkussionisten und was weiß ich allem bestehen muss). Nach einiger Zeit kam dann der Teil an dem die Hymne der Alma Mater gesungen wurde. Das war extrem befremdlich für mich. Ich weiß noch dass bei einem Konzert in Philly einmal die Nationalhymne der USA gespielt wurde und alle sofort aufsprangen und mit der Hand auf dem Herz mitsangen. Ich fand, dass es etwas leicht faschistisches an sich hatte wie alle so mit der Hand auf dem Herzen und diesem patriotischen Glanz im Gesicht da standen und die Hymne schmetterten. Auch die Hymne der Alma Mater war etwas befremdlich für mich. Der Text war sehr pathetisch und im Anschluss an die Hymne wurde der Kampfruf für die Footballspiele geübt. Der war dann sehr martialisch. Danach haben alle den UMass Campuseid abgelegt der besagt, dass man offen und tolerant ist und sich viel Mühe im Studium gibt.

Abgesehen davon, dass es für mich sehr befremdlich ist zusammen mit tausenden Menschen einen Eid abzulegen, war es für mich etwas eigenartig wie oft und ausführlich die Erstis begrüßt wurden. Ich habe den Rektor der Uni Freiburg noch nie gesehen, den Kanzler von UMass schon drei oder viel Mal. Als ich angefangen habe zu studieren gab es eine kurze Einführung von der Fachschaft aber die Uni hat mir außer meiner Immatrikulationsbescheinigung und ein paar Links nichts geschickt. Die Studenten hier werden regelrecht überflutet mit Informationen und Angeboten. Dazu kommen dieser ganze Stolz auf die Alma Mater und ein sehr ausgeprägtes Campusleben.

Ich bin jetzt erstmal gespannt auf den ersten Unitag.