Dienstag, 30. April 2013

Süchte



Heute ist etwas ganz und gar unglaubliches passiert. Ich bin freiwillig nicht in ein Geigenkonzert des Curtis gegangen. Stattdessen habe ich den Abend zu Hause verbracht. Ich habe sehr intensiv an den Stücken für das Quartett gearbeitet, da sie einfach Spaß machen und ich gut sein will. Aber alles der Reihe nach.

Morgens habe ich erst mal einem meiner Klienten seine Medizin abgeholt und ihm vorbei gebracht. Ich persönlich würde ja Drogen statt Medizin sagen aber ich denke, dass ist Ansichtssache. Es handelt sich um extrem starke Schmerzmittel. Er selbst nimmt zwei davon am Tag, gemischt mit den ganzen anderen Medikamenten sorgen diese dafür, dass er komplett zugedröhnt ist. Er kann kaum sprechen und ist komplett verwirrt aber er braucht sie und hat am Montag von nichts anderem geredet. Ich kann sehr wohl verstehen, dass er wenn er Schmerzen hat Linderung haben will aber diese Abhängigkeit hat etwas Erschreckendes an sich. Es verhält sich ein bisschen wie bei Rauchern. Das einzige was mich am Rauchen wirklich stört, ist wenn Leute ihren Tagesrhythmus oder ihr Handeln dem Rauchen anpassen, wenn sie anfangen gezielt Pausen zu machen um auch ja in regelmäßigen Abständen rauchen gehen zu können. Vermutlich ist mir das Wesen einer Sucht einfach zu fremd.

Naja nach diesem Botengang habe ich dann einen recht unproduktiven Tag im Office gehabt. Mark ist krank und Katharina ist merkwürdigerweise recht ruhig. Vermutlich ist sie ebenfalls erschöpft, was angesichts der unglaublich vielen Arbeit die sie leistet kein Wunder wäre.

Gegen vier bin ich dann in die Libary, in der ich mir die Noten für das Quartett geholt habe. Von der Libary bin ich dann nach Hause und habe mich auf die Noten förmlich gestürzt und angefangen zu üben. Es war so unfassbar schön. Das Quartett hat etwas aufregendes neues an sich und ich brenn wie wild darauf zu spielen. Es wird toll.

Nach dem üben bin ich dann ins Salsa. Heute war ein anderer Lehrer da. Er hat uns ein bisschen gezeigt wie wir im Clubtanzen sollen und unsere Technik etwas aufgebessert. Es war mal sehr spannend von einem Mann das Salsa tanzen zu lernen. Wie immer hat es Spaß gemacht. Zu Hause habe ich mir dann Spinat mit Thunfischsteak (das war leider nicht Bio aber ich hatte es vor meinem neuen Ernährungsplan gekauft) und Süßkartoffeln gegessen.

Jetzt schaue ich gerade einen furchtbar kitschigen Film. Er handelt von Menschen die von Aliens befallen sind und ihren freien Willen verlieren aber dann wohl doch nicht und es gibt sehr viel Herzschmerz. Etwas verworren aber irgendwie nett und eine gute seichte Abendunterhaltung um sich wegzuträumen.

Ich muss jetzt dringend schlafen gehen. Bis dann,

Zeno

Easy going



Gestern war mal wieder ein sehr langsamer Tag. Nicht weil es nichts zu tun gegeben hätte aber ich war einfach so unglaublich müde, dass mein Tempo auf ein drittel reduziert wurde. Morgens habe ich ein paar meiner Klienten besucht, wobei ich den Eindruck hatte dass die fitter waren als ich an dem Tag. Danach ging es dann ab ins Office. Die Abrechnungen stehen wieder an. Bevor ich allerdings anfangen kann alles einzutippen muss erst alles vorsortiert werden und die fehlenden Belege zusammen gesucht, das dauert alles seine Zeit.

Nachmittags bin ich dann zum Reading gegangen um etwas Gemüse zu kaufen. Ich habe gelernt, dass die Student Reduction bloß am Mittwoch und am Sonntag gegeben wird. Nicht weiter schlimm da ich nur Bohnen und Pilze gekauft habe. Als Ausgleich für diese Erkenntnis habe ich gelernt, dass der Coookiestore im Reading kurz vor Ladenschluss seine Cookies (absolut köstlich) für $1 das Stück verkauft statt den üblich $3-4. Die Tasche voll mit Leckereien habe ich mir dann noch einen Kanister Milch geholt und bin dann glücklich nach Hause geschlendert.

Da im Curtis gestern ein Percussion Konzert war und ich nicht unbedingt in Stimmung dafür war, habe ich mir dann einen gemütlichen Abend gemacht. Es gab Misosuppe mit frischen Bohnen und Pilzen und Cookies mit Cafe aux Lait zum Nachtisch. Danach habe ich ein Bad genommen und dann die erfreuliche Nachricht empfangen, dass ich jetzt noch einen Geiger habe und wir somit ein komplettes Quartett sind und anfangen können zu proben.

Zum körnenden Abschluss des Tages habe ich Pralinen gegessen und dabei Hitchcock den Film gesehen.

So wunderbar können Montage sein,

Zeno

Sonntag, 28. April 2013

Driving home



Ich bin jetzt wieder auf dem Weg nach Philadelphia. Gerade sitze ich im Zug von Washington nach Philly. Zu aller erst mal tut es mir leid, dass ich die letzten Tage nichts von mir habe hören lassen aber ich hatte kein Internet in Innisfree und musste mir die Posts so aufsparen um sie dann als geballten Block in das Netz zu setzten.

Heute habe ich etwas Zeit mit Sophia in ihrem Projekt verbracht und einen kurzen Eindruck davon bekommen wie ihre Arbeit mit den geistig Behinderten so ist. Es hat mich etwas an mein Praktikum im Altersheim erinnert, von der Art wie man mit den Menschen arbeitet, bloß dass man bei den Alten nicht versucht sie auf irgendeine Weise zu erziehen. Alle Menschen die ich heute getroffen habe waren wirklich sehr lieb aber ich kann mir sehr gut vorstellen wie unglaublich anstrengend die Arbeit sein muss. Ich glaube ich wäre dieser Aufgabe nicht gewachsen aber ich denke Sophia passt in ihr Projekt sehr gut rein.

Begonnen hat mein Tag mit einem etwas längerem Schlaf und Müsli das in Innisfree selbst gemacht wird. Es war wirklich gut und dass ich das sage heißt viel da ich sonst kein Müsli mag. Sophia und ich haben dann bei ihr im Haus gesessen und Kaffee getrunken. Sie musste dabei aber halt immer ein Auge auf ihre Mitbewohner haben. Später haben wir dann Mittagessen gemacht und zusammen mit all den Coworkern gegessen. Wir haben Polenta mit Gemüse und Hähnchenwurst gemacht. Ich muss langsam etwas strenger beim Fleisch werden. Das Fleisch heute war nicht Bio und eigentlich wollte ich sowas nicht mehr essen. Vermutlich werde ich als Gelegenheitsvegetarier enden. Als wir dann mit dem Essen fertig waren sind wir alle ziemlich ins Mittagsloch gefallen. Alle waren todmüde und sind rumgehangen. Um dem entgegen zu wirken haben wir beschlossen etwas spazieren zu gehen. Mir wurde die Holzwerkstatt, die Töpferei, die Bäckerei und die Gemüsegärten gezeigt.

Es war ganz witzig, weil für Sophia das Leben auf dem Land etwas neues (zumindest war so meine Auffassung) ist während es für mich etwas heimatliches hatte. Wir haben zwar nie auf einer Farm oder so gelebt und waren auch nie die unheimlich Gärtner oder Selbstversorger aber es gab immer jemanden, der einen gigantischen Gemüsegarten hat, dem man mal geholfen hat oder jemand der viel zu viele Kirschbäume hat und ei dem man dann Kirschen pflücken ging. Babylämmer habe ich auch oft gesehen und ich habe auch schon frischen Honig gegessen. Selbst die Töpferei, die Holzwerkstatt und vor allem die Bäckerei sind alles Dinge die ich in der Kindheit schon mehrmals erlebt habe und für mich hat das eher etwas Nostalgisches.

Nach einem sehr schönen und vor allem ruhigen Tag hat mich dann ein Freund von Sophia zum Zug gefahren und in dem sitze ich jetzt seit knapp vier Stunden aber bald bin ich daheim und wieder in meiner Heimat. Trotz allem ist und bleibt mein Herz immer in Philly.

Bis dann,

Zeno

Die Landfreuden



Wie ihr alle inzwischen sicher wisst liebe ich mein Philly abgöttisch. Philly ist eine lebendige, sich andauernd verändernde, freundliche und alles in allem sehr angenehme Großstadt aber trotz allem gibt es Dinge die ich bei mir zu Hause auf dem Land hatte die mir Philly nicht geben kann. Morgens aufzustehen und die Vögel singen hören, frische Beeren zu pflücken und vor allem eine richtige Nacht. Das sind die Dinge die mir immer als erstes in den Sinn kamen wenn ich darüber nach dachte. Gestern hatte ich einen echten Tag auf dem Land mit allem was er an wunderbarem zu bieten hat, was mir auch gezeigt hat, das es Dinge gibt die ich zwar nicht wirklich vermisse die aber einfach wunderbar am Landleben sind.

Begonnen haben wir mit einem Brunch. Die Coworker in Sophias Haus waren alle schwimmen so hatten wir das Haus für uns. Es kamen die Mitfreiwilligen von Sophia vorbei und wir haben Polenta, Bacon, Fruchtsalat und Brot gemacht. Wir saßen draußen auf der Terrasse mit Blick auf die Wälder und haben geplaudert und sehr viel gegessen. Es war einfach schön. Das war das erste was mir bewusst fehlte. Einfach irgendwo in die Natur gehen zu können und dort schön zu essen und dass einfach Menschen vorbei kommen und Zeit mit einem verbringen. Beides Dinge die in Philly nicht möglich sind. Selbst wenn ich in den Fairmountpark gehe sind dort überall Philadelphians wie ich die, die Natur suchen und dass Leute einfach so ohne große Planung vorbei kommen ist extrem unwahrscheinlich, da immer viel zu viel los ist.
Nach dem Brunch der sehr entspannt war, haben wir und aufgemacht zum Kajak fahren. Während die anderen die Kajaks in den Van geladen haben, hat mir Sophia die Babylämmer, die Spinnerei und die Farm gezeigt. Die Weberei fand ich besonders schön. Ein riesiger Raum voller Wolle und wunderschöner, handgewebter Stoffe. Ich bin zwar kein großer Handwerker und auch nicht so fleißig alles Mögliche selbst zu machen aber ich finde es einfach wunderbar wenn Menschen so etwas können und bin etwas neidisch darauf, dass sie Dinge haben die sie selbst gefertigt haben.
Später dann sind wir mit dem Van zu Beaver Creek, einem kleinem See, gefahren und sind dort mit dem Kajak rumgepaddelt. Es hat wirklich sehr Spaß gemacht und der See war wunderschön. Wir sind herum gepaddelt und später haben wir uns einfach an das Ufer gesetzt und dort die Reste des frischen Brots mit hart gekochtem Ei gegessen. Einfach schön. Danach sind wir zu einem Glasbläserfest gefahren. Auf dem Weg sind wir über eine Brücke gefahren und man sah kilometerweise nur Wald, keine Häuser zwischendurch nur Wald. Ich habe noch nie so viel Wald gesehen. Es hatte etwas von einem Urwald. Das Glasbläserfestival war schön. Es wurde der übliche Tand aus Glas verkauft, den man zwar sehr schön findet aber keinen rechten Nutzen darin sieht und wo man immer Angst hat mit der Tasche versehentlich ein Skulptur für $1000 zu zerstören. Nach dem Glasbläsern sind wir in einen Antiquariat. Ich habe eine Geige gesehen für $65,d ie eigentlich nicht schlecht war und mit etwas Geld und einem Geigenbauer könnte man ein sehr schöne Instrument aus ihr machen. Ich war doch sehr verführt sie zu kaufen aber ich müsste dann einige hundert Dollar an Restauration reinstecken und sie irgendwie nach Deutschland bringen, abgesehen davon spiele ich Viola und nicht Geige.
Nach dem der Tandladen zu gemacht hat haben wir uns ein Eis geholt und sind nach Charlottesville. Dort haben wir Dinner gegessen. Dumplings und eine Teigtasche mit Schweinefleisch. Nach dem Dinner sind wir zu CLAW (Charlottesville Ladies Arm Wresling) Um die 20 Frauen haben sich verkleidet und einen Armdrückwettbeerb gemacht. Es ist Tradition hier. Man kann auf seinen Kandidaten wetten. Das Geld das man wettet wird an wohltätige Zwecke gespendet. Es war unglaublich lustig.

Nach diesem sehr ausgefüllten und wirklich wunderschönen Tag sind wir dann zurück auf die Farm. Sophia hat mir noch den Kräutergarten gezeigt und dann sind wir schlafen gegangen.

Heute verbringe ich noch den Tag mit Sophia und dann muss ich schon wieder zurück nach Philly.

Bis dann,

Zeno

Zurück aufs Land



Gestern bin ich mal wieder Zug gefahren. Lustiger weise war das Zugticket, dass sonst das doppelte kostet genauso teuer wie das Busticket und da Zug fahren bedeutend angenehmer ist bin ich natürlich mit dem gefahren. Es waren sehr angenehme fünf Stunden in denen ich Musik gehört und vor allem geschlafen habe, da ich gestern nicht so viel Schlaf bekommen hatte.

Kurz nach sieben kam ich dann in Charlottesville Virgina an. Charlottesville ist ein Studentenstädtchen vergleichbar mit Marburg oder Tübingen, mit dem Unterschied, dass die Uni bedeutend mehr Geld hat. Die Stadt ist wirklich schön. Sie hat das Flair einer deutschen Studentenstadt aber dabei die Weitläufigkeit von amerikanischen Städten. Sophia, Ich und zwei Freunde von ihr aus dem Projekt sind dann erst mal was essen gegangen in einem Diner. Ich hatte mal wieder einen Burger aber dieses mal mit Spiegelei drauf und dazu Sweet Potatoes Fries. Sehr lecker. Anschließend sind wir zu einem Supermarkt gefahren und haben einen Film ausgeliehen.

Mit dem Film ausgestattet sind wir dann zu Sophia Projekt gefahren. Sie lebt auf dem Land in einer Lebensgemeinschaft mit geistig behinderten Menschen. Sie produzieren ihr eigenes Gemüse unternehmen viel mit den Coworkern (so werden die Klienten genannt) und haben die volle Countryside experience. Das Dorf liegt direkt an der Grenze zum Nationalpark und ich habe es zwar gestern nur bei Nacht gesehen aber es sah wirklich schön aus. Besonders schöne war mal wieder einen Nachhimmel zu sehen, der nicht orange von den Lichtern der Stadt war sondern ein natürliches dunkelblau vom Licht des Vollmonds hat. Hinzukam, dass ich auch noch die Sterne gesehen habe, nach sieben Monaten endlich wieder Sterne.

Wir haben dann den Film angeschaut oder zumindest große Teile und sind dann ins Bett gegangen. Ich schlafe bei Sophia im Zimmer.

So ich freue mich jetzt auf einen Tag abseits von Autohupen, Krankenwagen, todesmutigen Fahrradfahren und Menschenmassen. Bis dann,

Zeno