Sonntag, 28. August 2016

Philadelphia

Nach einer unglaublich schönen aber auch etwas anstrengenden Woche geht, meine Zeit in Philadelphia schon wieder zu Ende. Morgen früh nehme ich einen Bus nach New York von dort dann einen nach Spingfield und von dort nach Amherst. Morgen geht also mein Heimaturlaub zu Ende und der Studienteil fängt an.

Die letzten Tage warn vor allem durch Menschen geprägt die ich seit drei Jahren nicht mehr gesehen habe. Wie schon erwähnt sind da einmal Henry und Marie, dann habe ich Mark (meinen ehemaligen Supervisor und Direktor des Programms von ASF in den USA, David (meinem ehemaligen Vermieter), Iris (eine Freundin von mir die ursprünglich aus China kommt und in Philly studiert) und dann auch noch Marian (eine ehemalige Klientin von mir die dieses Jahr 100!!! wird). Zuerst zu dem Treffen mit Mark. Mark ist der Landesdirektor für die USA. Er leitet das Programm hier, ist also zuständig dafür, dass es den Freiwilligen gut geht und die Projekte mit ihnen zufrieden sind, plant und organisiert die Seminare für die Freiwilligen und was sonst noch alles anfällt (was ziemlich viel ist). Der Job ist tatsächlich mit sehr, sehr viel Arbeit verbunden (vermutlich wie alle Jobs in einer NPO) und deswegen ist Mark permanent auf dem Sprung, immer am telefonieren oder Emails schreiben oder muss noch schnell etwas erledigen. Als ich damals Freiwilliger war hat er frisch mit dem Job angefangen und war dementsprechend noch etwas planlos und musste sich organisieren. Inzwischen habe ich den Eindruck, dass er sehr viel fokussierter und strukturierter ist, wobei Mark leichte Tendenzen zum Chaoten hat. Als wir uns getroffen haben sind wir Kaffee trinken gegangen und haben eine Kleinigkeit gegessen. Mir Mark zu sprechen ist immer eine Freude, er ist ein bisschen wie meine Mutter und sprudelt immer vor sich hin, weiß zu allem eine kleine Anekdote oder geht auf das ein was man gesagt hat, wobei er auch immer sehr aufmerksam zuhört. Sehr angenehm. Wir haben uns über mich und mein Studium, meine Auslandsaufenthalte, die neuen Freiwilligen und das Programm unterhalten. Es war eine wahre Freude und mich hat natürlich brennend interessiert wie sich meine Nachfolger so geschlagen haben.
Anschließend an das Gespräch mit Mark habe ich Judith getroffen. Sie ist die Nachfolgerin meiner Nachfolgerin gewesen und macht gerade ein Praktikum in Philly. Wir haben uns über unsere ehemalige Arbeit und Klienten unterhalten und natürlich über Mark. Judith ist eine sehr nette, offene, aufgeweckte Frau und es war spannend ihre Sichtwiese auf die Klienten und Mark zu hören. Wobei die im Prinzip sehr mit meinen übereinstimmen. Wir haben uns die Woche über einige Male getroffen. Einmal bin ich mit ihr ins Improtheater gegangen und das dritte Mal sind wir gemeinsam zu Marian gegangen.

Das bringt mich zu Marian. Sie war damals als ich in den USA war schon 96 und eine wahnsinnig beeindruckende Frau. Sehr fit für ihr Alter, sehr taff und auch sehr vernetzt. Sie beklagt sich immer, dass sie nirgends alleine hin gehen kann aber gleichzeitig kriegt sie jeden Tag Besuch von jemanden der sie irgendwie kennt oder wird von der Rabbinerin angerufen oder hat eine Haushaltshilfe da, die sich mit ihr unterhält. Was mich am meisten erstaunt hat bei Marian ist, dass sich einfach nichts geändert hat in drei Jahren. Sie sieht genau gleich aus wie damals, die Wohnung auch, das Apartmentgebäude. Es ist als wäre kaum Zeit vergangen. Marian hat mich am Anfang nicht erkannt aber als ich mich vorstellt wusste sie alles wieder. Sie wusste wer ich bin, was ich damals alles gemacht habe und war auch sehr interessiert an dem was ich jetzt mache. Marian ist sehr beeindruckend einfach dadurch, dass sie einfach alles übersteht. Sie ist 100 und zeigt keinerlei Anzeichen von ernsthaften Krankheiten oder ähnlichem. Wie eine menschlicher Monolith überdauert sie einfach alles.

Ein weiterer wesentlicher Teil meiner Zeit in Philly war David. David ist ein Freund von ASF und hat für 15 Jahre die Freiwilligen in meinem Projekt bei sich daheim aufgenommen. Damals hat er noch genau in Center City gewohnt in einem riesigen Stadthaus mit vier Schlafzimmern und drei Badezimmern, einer riesigen Küche und einem Wohnzimmer und Esszimmer. Ich habe vermutlich am luxuriösesten von allen Freiwilligen gewohnt. David selbst ist ungefähr so alt wie meine Eltern und hat früher als Autohändler für BMW gearbeitet und dann später nochmal Kunst studiert. Inzwischen ist er nach West Chester gezogen und lebt dort in einem wunderschönen Haus auf einem riesigen Grundstück mit großartiger Aussicht. Er malt inzwischen den Himmel und ist damit auch ziemlich erfolgreich. Er unterrichtet auch an kleineren Kunstschulen in der Umgebung und ist allgemein sehr aktiv. David ist ein unglaublich aufgeweckter, lustiger und liebenswürdiger Mensch. Er ist ein echtes Original. Ich bin mit ihm, Henry und Marie essen gegangen und wir haben uns in der Stadt umgeschaut und einfach geplaudert.

Nach einer Woche habe ich auch Philly wieder erkundet. Die Stadt ist förmlich am boomen. Die Innenstadt wird immer hübscher, die Parks werden einer nach dem anderen neu gemacht, die Obdachlosen aus der Stadt gedrängt und alte verratzte Gebäude abgerissen und durch neue Luxusapartments ersetzt. Mein letzter Host hat tatsächlich in einem solchen Luxusloft mitten in der Stadt gewohnt. Das angenehme an Philly ist aber, dass obwohl die Stadt boomt sich der Charakter bewahrt. Die Stadt ist weder touristisch noch komplett gentrifiziert wobei letzteres glaube ich in den nächsten Jahren noch kommen wird. Man merkt, dass alles im Aufbruch ist und die Stadt anfängt ihr Potential zu nutzen und zu vermarkten.

So ich muss jetzt los zum Bus. Bis bald dann aus Amherst,

Zeno

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