Nach einer unglaublich
schönen aber auch etwas anstrengenden Woche geht, meine Zeit in Philadelphia
schon wieder zu Ende. Morgen früh nehme ich einen Bus nach New York von dort
dann einen nach Spingfield und von dort nach Amherst. Morgen geht also mein Heimaturlaub
zu Ende und der Studienteil fängt an.
Die letzten Tage warn vor
allem durch Menschen geprägt die ich seit drei Jahren nicht mehr gesehen habe.
Wie schon erwähnt sind da einmal Henry und Marie, dann habe ich Mark (meinen
ehemaligen Supervisor und Direktor des Programms von ASF in den USA, David
(meinem ehemaligen Vermieter), Iris (eine Freundin von mir die ursprünglich aus
China kommt und in Philly studiert) und dann auch noch Marian (eine ehemalige
Klientin von mir die dieses Jahr 100!!! wird). Zuerst zu dem Treffen mit Mark.
Mark ist der Landesdirektor für die USA. Er leitet das Programm hier, ist also
zuständig dafür, dass es den Freiwilligen gut geht und die Projekte mit ihnen
zufrieden sind, plant und organisiert die Seminare für die Freiwilligen und was
sonst noch alles anfällt (was ziemlich viel ist). Der Job ist tatsächlich mit
sehr, sehr viel Arbeit verbunden (vermutlich wie alle Jobs in einer NPO) und
deswegen ist Mark permanent auf dem Sprung, immer am telefonieren oder Emails schreiben
oder muss noch schnell etwas erledigen. Als ich damals Freiwilliger war hat er
frisch mit dem Job angefangen und war dementsprechend noch etwas planlos und
musste sich organisieren. Inzwischen habe ich den Eindruck, dass er sehr viel
fokussierter und strukturierter ist, wobei Mark leichte Tendenzen zum Chaoten
hat. Als wir uns getroffen haben sind wir Kaffee trinken gegangen und haben
eine Kleinigkeit gegessen. Mir Mark zu sprechen ist immer eine Freude, er ist
ein bisschen wie meine Mutter und sprudelt immer vor sich hin, weiß zu allem
eine kleine Anekdote oder geht auf das ein was man gesagt hat, wobei er auch
immer sehr aufmerksam zuhört. Sehr angenehm. Wir haben uns über mich und mein
Studium, meine Auslandsaufenthalte, die neuen Freiwilligen und das Programm
unterhalten. Es war eine wahre Freude und mich hat natürlich brennend
interessiert wie sich meine Nachfolger so geschlagen haben.
Anschließend an das
Gespräch mit Mark habe ich Judith getroffen. Sie ist die Nachfolgerin meiner
Nachfolgerin gewesen und macht gerade ein Praktikum in Philly. Wir haben uns
über unsere ehemalige Arbeit und Klienten unterhalten und natürlich über Mark.
Judith ist eine sehr nette, offene, aufgeweckte Frau und es war spannend ihre
Sichtwiese auf die Klienten und Mark zu hören. Wobei die im Prinzip sehr mit
meinen übereinstimmen. Wir haben uns die Woche über einige Male getroffen.
Einmal bin ich mit ihr ins Improtheater gegangen und das dritte Mal sind wir
gemeinsam zu Marian gegangen.
Das bringt mich zu
Marian. Sie war damals als ich in den USA war schon 96 und eine wahnsinnig
beeindruckende Frau. Sehr fit für ihr Alter, sehr taff und auch sehr vernetzt.
Sie beklagt sich immer, dass sie nirgends alleine hin gehen kann aber
gleichzeitig kriegt sie jeden Tag Besuch von jemanden der sie irgendwie kennt
oder wird von der Rabbinerin angerufen oder hat eine Haushaltshilfe da, die
sich mit ihr unterhält. Was mich am meisten erstaunt hat bei Marian ist, dass
sich einfach nichts geändert hat in drei Jahren. Sie sieht genau gleich aus wie
damals, die Wohnung auch, das Apartmentgebäude. Es ist als wäre kaum Zeit
vergangen. Marian hat mich am Anfang nicht erkannt aber als ich mich vorstellt
wusste sie alles wieder. Sie wusste wer ich bin, was ich damals alles gemacht
habe und war auch sehr interessiert an dem was ich jetzt mache. Marian ist sehr
beeindruckend einfach dadurch, dass sie einfach alles übersteht. Sie ist 100
und zeigt keinerlei Anzeichen von ernsthaften Krankheiten oder ähnlichem. Wie
eine menschlicher Monolith überdauert sie einfach alles.
Ein weiterer wesentlicher
Teil meiner Zeit in Philly war David. David ist ein Freund von ASF und hat für
15 Jahre die Freiwilligen in meinem Projekt bei sich daheim aufgenommen. Damals
hat er noch genau in Center City gewohnt in einem riesigen Stadthaus mit vier
Schlafzimmern und drei Badezimmern, einer riesigen Küche und einem Wohnzimmer
und Esszimmer. Ich habe vermutlich am luxuriösesten von allen Freiwilligen
gewohnt. David selbst ist ungefähr so alt wie meine Eltern und hat früher als
Autohändler für BMW gearbeitet und dann später nochmal Kunst studiert.
Inzwischen ist er nach West Chester gezogen und lebt dort in einem
wunderschönen Haus auf einem riesigen Grundstück mit großartiger Aussicht. Er
malt inzwischen den Himmel und ist damit auch ziemlich erfolgreich. Er
unterrichtet auch an kleineren Kunstschulen in der Umgebung und ist allgemein
sehr aktiv. David ist ein unglaublich aufgeweckter, lustiger und
liebenswürdiger Mensch. Er ist ein echtes Original. Ich bin mit ihm, Henry und
Marie essen gegangen und wir haben uns in der Stadt umgeschaut und einfach
geplaudert.
Nach einer Woche habe ich
auch Philly wieder erkundet. Die Stadt ist förmlich am boomen. Die Innenstadt
wird immer hübscher, die Parks werden einer nach dem anderen neu gemacht, die
Obdachlosen aus der Stadt gedrängt und alte verratzte Gebäude abgerissen und
durch neue Luxusapartments ersetzt. Mein letzter Host hat tatsächlich in einem
solchen Luxusloft mitten in der Stadt gewohnt. Das angenehme an Philly ist aber,
dass obwohl die Stadt boomt sich der Charakter bewahrt. Die Stadt ist weder
touristisch noch komplett gentrifiziert wobei letzteres glaube ich in den
nächsten Jahren noch kommen wird. Man merkt, dass alles im Aufbruch ist und die
Stadt anfängt ihr Potential zu nutzen und zu vermarkten.
So ich muss jetzt los zum
Bus. Bis bald dann aus Amherst,
Zeno
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