Auf eines kann ich mich schon mal einstellen, sobald David das Haus verlässt werde ich die Küche putzen wie ein Blöder. Nachdem ich aufgestanden bin und meine Sachen für den Tag eingepackt habe, bin ich die Treppe runter und was erwartet mich in der Küche. Ein Berg von Geschirr, der nur von mir gespült werden darf. Nach dieser durchaus erheiternden Tätigkeit bin ich dann los zur Arbeit.
Ich habe heute wiedermal den Großteil des Arbeitstages mit
Sortieren und rumräumen verbracht. Bevor ich damit begonnen habe, durfte ich
aber auch noch die Tassen und das Besteck im Büro spülen, das da seit drei
Tagen rumsteht. Die Freude war unvorstellbar. Aber ich habe mir ein klares Ziel
gesteckt. In einem Jahr werde ich ein gut durchorganisiertes und übersichtliches
Büro hinterlassen. Mein Schreibtisch ist schon fertig. Ich habe alle Schubladen
und Fächer sortiert und ich habe gefühlte 40 Kilo alte Unterlagen entsorgt.
Viele von denen waren älter als ich. Ich habe das Gefühl in diesem Büro wurde
die letzten Jahre alles einfach in die Schubladen gestopft. Aber das ändert
sich jetzt!!! Ich habe mir schon ein System zum Lagern der Projektberichte
überlegt und außerdem werde ich diese ganzen uralten Unterlagen entsorgen. Ein paar
werden vielleicht noch aufgehoben aber der Großteil kommt raus, das sieht sich
doch kein Mensch je wieder an.
Aber um ehrlich zu sein es macht Spaß. Es ist die pure
Freude die Schubladen zu öffnen und was sieht man. Ordnung. Sortierte
Unterlagen und aufgeräumte Papiere. Hach wunderbar.
Ungefähr so sieht es in ganz Philly gerade aus |
Heute Abend nach der Arbeit bin ich dann direkt nach Hause
geflogen, habe schnell etwas gegessen und bin dann mit meinem Augenstern in
Richtung Tempel University geschossen (Naja um ehrlich zu sein hatte ich viel
Zeit und auch genug um noch ein paar Bilder auf dem Weg zu machen und um mein
Essen genüsslich an Esstisch zu mir zu nehmen). In Philly gibt es zwei Universitäten,
Die University of Pennsylvania (auch liebevoll Penn genannt) und Tempel
University. Penn hat sich aus Naturwissenschaften und Ingenieurwesen
spezialisiert und Tempel ist die Universität für Künste und Geisteswissenschaften.
Beide sind ausnehmend gut und extrem teuer und beide sind extrem arrogant. Ich
habe bei der Tempel University angefragt, ob ich eventuell im Kammerorchester
mitspielen kann und ich bekam eine sehr unfreundliche und arrogante Antwort,
dass diese Orchster only for student of Tempel university ist und es wurde noch
nicht mal für nötig gehalten den üblichen Anhang mit Adresse und was weiß ich
allem anzuhängen.
Aber glücklicherweise war Tempel nicht die einzigen die ich
zu getextet hatte sondern auch die Orchestra Society of Philadelphia. Das ist
ein reading Orchestra. Das bedeutet, dass sie praktische keine Aufführungen
haben sondern jede Woche ein symphonisches Werk spielen. Es geht einfach nur
darum gemeinsam etwas zu spielen. Das alles ist aber nur in Philly möglich. Die
free Libary hat die größte Notensammlung der Welt und gegen Pfand kann man diese
auch ausleihen. Ich habe zum Beispiel $15 Pfand für Stamitz Viola Duette
hinterlegen müssen, habe dafür aber einwandfreie Noten. Das Orchester leiht
sich die Noten immer aus und da sie parktisch keine Aufführungen haben gibt es
auch keine Probleme mit den Urheberrechten. Das Problem an dem ganzen ist
natürlich, dass das Stück niemals aufführungsreif wird. Naja ein Übel muss man
immer in Kauf nehmen.
Ich bin also mehr oder weniger flott in Richtung der Uni
gelaufen. Das Problem dabei war, das wir im Moment 80% Luftfeuchtigkeit in
Philly haben. Das heißt ich kam dann doch etwas verschwitzt an und wusste nicht
so genau wohin ich musste. Als ich dann endlich den Raum gefunden hatte war ich
exakt pünktlich. Und dann ging es los. Pokoviews sechste Symphonie vom Blatt
spielen oder eher nicht spielen. Aber es hat unglaublichen Spaß gemacht.
Das Orchester hat auf mich am Anfang einen etwas… älteren
und zusammengewürfelten Eindruck gemacht. Es ist eine Mischung aus ehemaligen
Profimusikern, Amateurmusikern die schon seit 40 Jahren aktiv spielen und
einigen wenigen die nicht übermäßig gut sind aber einfach Spaß am musizieren
haben, so wie ich. Besonders lustig war eine Frau mit dicker Hornbrille, die
sobald etwas nicht klappte die Lippen schürzte und etwas pikiert schaute. Ich habe
in der Pause erfahren, dass es mehr Musiker in meinem Alter gibt (Studenten der
Tempel University), die heute aber ein Konzert haben. Naja ich bin mal gespannt
auf nächstes Mal. Da werden wir die Toteninsel von Rachmaninov spielen, naja
ich hoffentlich auch.
Nach der Probe wurde ich dann nach Hause gefahren von einem
Bratschisten, der deutsch sprach. Es ist erstaunlich, wie viele Leute hier
deutsch sprechen, in Deutschland waren und oder Deutsche Vorfahren haben. Mein
Fahrer war aber auch Professor für Politologie an der Tempel, sein Spezialgebiet
war osteuropäische politische Systeme. Ein interessanter Mann und äußerst
freundlich.
Ach ich bin so glücklich im Moment. Morgen treffe ich mich
mit den anderen Freiwilligen hier in Philly und aus Camden. Also dann. Euch
allen eine gute Nacht,
Zeno
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