Freitag, 28. September 2012

The Orchestra Society of Philadelphia


Auf eines kann ich mich schon mal einstellen, sobald David das Haus verlässt werde ich die Küche putzen wie ein Blöder. Nachdem ich aufgestanden bin und meine Sachen für den Tag eingepackt habe, bin ich die Treppe runter und was erwartet mich in der Küche. Ein Berg von Geschirr, der nur von mir gespült werden darf. Nach dieser durchaus erheiternden Tätigkeit bin ich dann los zur Arbeit.

Ich habe heute wiedermal den Großteil des Arbeitstages mit Sortieren und rumräumen verbracht. Bevor ich damit begonnen habe, durfte ich aber auch noch die Tassen und das Besteck im Büro spülen, das da seit drei Tagen rumsteht. Die Freude war unvorstellbar. Aber ich habe mir ein klares Ziel gesteckt. In einem Jahr werde ich ein gut durchorganisiertes und übersichtliches Büro hinterlassen. Mein Schreibtisch ist schon fertig. Ich habe alle Schubladen und Fächer sortiert und ich habe gefühlte 40 Kilo alte Unterlagen entsorgt. Viele von denen waren älter als ich. Ich habe das Gefühl in diesem Büro wurde die letzten Jahre alles einfach in die Schubladen gestopft. Aber das ändert sich jetzt!!! Ich habe mir schon ein System zum Lagern der Projektberichte überlegt und außerdem werde ich diese ganzen uralten Unterlagen entsorgen. Ein paar werden vielleicht noch aufgehoben aber der Großteil kommt raus, das sieht sich doch kein Mensch je wieder an. 

Aber um ehrlich zu sein es macht Spaß. Es ist die pure Freude die Schubladen zu öffnen und was sieht man. Ordnung. Sortierte Unterlagen und aufgeräumte Papiere. Hach wunderbar.

Ungefähr so sieht es in ganz Philly gerade aus
Heute Abend nach der Arbeit bin ich dann direkt nach Hause geflogen, habe schnell etwas gegessen und bin dann mit meinem Augenstern in Richtung Tempel University geschossen (Naja um ehrlich zu sein hatte ich viel Zeit und auch genug um noch ein paar Bilder auf dem Weg zu machen und um mein Essen genüsslich an Esstisch zu mir zu nehmen). In Philly gibt es zwei Universitäten, Die University of Pennsylvania (auch liebevoll Penn genannt) und Tempel University. Penn hat sich aus Naturwissenschaften und Ingenieurwesen spezialisiert und Tempel ist die Universität für Künste und Geisteswissenschaften. Beide sind ausnehmend gut und extrem teuer und beide sind extrem arrogant. Ich habe bei der Tempel University angefragt, ob ich eventuell im Kammerorchester mitspielen kann und ich bekam eine sehr unfreundliche und arrogante Antwort, dass diese Orchster only for student of Tempel university ist und es wurde noch nicht mal für nötig gehalten den üblichen Anhang mit Adresse und was weiß ich allem anzuhängen. 



Aber glücklicherweise war Tempel nicht die einzigen die ich zu getextet hatte sondern auch die Orchestra Society of Philadelphia. Das ist ein reading Orchestra. Das bedeutet, dass sie praktische keine Aufführungen haben sondern jede Woche ein symphonisches Werk spielen. Es geht einfach nur darum gemeinsam etwas zu spielen. Das alles ist aber nur in Philly möglich. Die free Libary hat die größte Notensammlung der Welt und gegen Pfand kann man diese auch ausleihen. Ich habe zum Beispiel $15 Pfand für Stamitz Viola Duette hinterlegen müssen, habe dafür aber einwandfreie Noten. Das Orchester leiht sich die Noten immer aus und da sie parktisch keine Aufführungen haben gibt es auch keine Probleme mit den Urheberrechten. Das Problem an dem ganzen ist natürlich, dass das Stück niemals aufführungsreif wird. Naja ein Übel muss man immer in Kauf nehmen.

Ich bin also mehr oder weniger flott in Richtung der Uni gelaufen. Das Problem dabei war, das wir im Moment 80% Luftfeuchtigkeit in Philly haben. Das heißt ich kam dann doch etwas verschwitzt an und wusste nicht so genau wohin ich musste. Als ich dann endlich den Raum gefunden hatte war ich exakt pünktlich. Und dann ging es los. Pokoviews sechste Symphonie vom Blatt spielen oder eher nicht spielen. Aber es hat unglaublichen Spaß gemacht.

Das Orchester hat auf mich am Anfang einen etwas… älteren und zusammengewürfelten Eindruck gemacht. Es ist eine Mischung aus ehemaligen Profimusikern, Amateurmusikern die schon seit 40 Jahren aktiv spielen und einigen wenigen die nicht übermäßig gut sind aber einfach Spaß am musizieren haben, so wie ich. Besonders lustig war eine Frau mit dicker Hornbrille, die sobald etwas nicht klappte die Lippen schürzte und etwas pikiert schaute. Ich habe in der Pause erfahren, dass es mehr Musiker in meinem Alter gibt (Studenten der Tempel University), die heute aber ein Konzert haben. Naja ich bin mal gespannt auf nächstes Mal. Da werden wir die Toteninsel von Rachmaninov spielen, naja ich hoffentlich auch. 


Nach der Probe wurde ich dann nach Hause gefahren von einem Bratschisten, der deutsch sprach. Es ist erstaunlich, wie viele Leute hier deutsch sprechen, in Deutschland waren und oder Deutsche Vorfahren haben. Mein Fahrer war aber auch Professor für Politologie an der Tempel, sein Spezialgebiet war osteuropäische politische Systeme. Ein interessanter Mann und äußerst freundlich.

Ach ich bin so glücklich im Moment. Morgen treffe ich mich mit den anderen Freiwilligen hier in Philly und aus Camden. Also dann. Euch allen eine gute Nacht,

Zeno

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