Es ist erstaunlich wie viel Lebensfreude und Lebensmut einige Leute besitzen, obwohl sie doch sehr harte Schicksale hinter sich haben. Gestern der Autor des Buches „Wie der Soldat das Grammophon reparierte“. In diesem Buch geht es um einen jungen aus Bosnien und dort den Krieg erlebt. Er flieht mit seiner Familie nach Deutschland. Als junger Mann beschließt er in sein Heimatdorf zurück zukehren und zu sehen was von seiner Kindheit noch übrig ist. Das Buch hat stark autobiographische Züge und dadurch, dass der Autor es gelesen hat bekam es richtige Plastizität. Das Angenehme war, dass das Buch trotz der heftigen Thematik einen wunderbaren Charme und Witz hatte genau wie der Autor. Dieser hatte übrigens wunderschöne Hände. Ich kam etwas spät und es waren nur noch Plätze in der ersten Reihe und so hatte ich freien Blick auf diese langen eleganten Finger mit den schönen glatten Nägeln und der wunderbaren Hautfarbe, die einzige mit vergleichbaren Händen ist, finde ich, Xenia.
Heute habe ich eine Frau mit einem Vergleichbaren Schicksal
kennen gelernt. Eine Zeitzeugin. Sie kam aus Berlin und ist halb Jüdin. Sie
erzählte uns von der NS-Zeit und wie sie, ihre Eltern und vor allem ihr Vater,
der Verfolgung entkamen. Er floh nach Shanghai und hat dort im Exil gelebt. Sie
hat sich, dank der großen Anstrengungen der Mutter, verstecken können. Sie
berichtete mit sehr viel Lebhaftigkeit und einer Vitalität die man angesichts
ihres Schicksals nicht erwartet hätte.
Es ist erstaunlich was der Mensch alles verarbeiten kann.
Sie war gewillt der Jugend von ihren Erlebnissen zu erzählen und so begreiflich
zu machen was ihr zugestoßen ist. Gleichzeitig gab sie zu immer einen Koffer
gepackt zu haben falls wieder mal etwas passiert. Und sie hat den Führerschein
nur gemacht um schnell mit ihren Kindern fliehen zu können.
Etwas nervig war dann, dass sich unsere Führerin, im Haus
der Wannseekonferenz, sehr viel mit ein paar Jungs aus meiner Gruppe über
Kriegsdetails unterhalten hat. Ich finde diese ganzen Teilaspekte des Krieges
nur ermüdend. Es ist mir gleich wie weit die Soldaten an einem Tag kamen, wie
das Prozedere war, wenn ein Kriegsverbrecher erschossen wurde etc. etc.. Was
mich aber tierisch nervt ist, dass überall die Juden als die fast alleinigen
Leidenden Des Holocaust dargestellt werden. Über die Sinti und Roma und vor
allem über die Homosexuellen wird praktisch nichts berichtet. Mich würde zum
Beispiel mal interessieren, woran die Nazis Schwule erkannt haben. In einer
Zeit in der offene Homosexualität nicht existent war, muss es doch nicht leicht
gewesen sein zu finden. Aber darüber wird nie berichtet. Maximal wird in
kleinen Nebensätzen gesagt, dass sie ebenfalls vernichtet wurden. Unfair.
Morgen hab ich einen kleinen Pausentag bzw. kein
Vormittagsprogramm. Ich habe überlegt nochmal im Wald Bratsche zu üben. Mal
wieder richtig lange und intensiv zu duschen und eine Wäsche mit dem
Reisewaschmittel zu machen. Mal sehen was ich alles hinbekomme. Vielleicht mach
ich noch ein paar Fotos vom Gelände. Mal sehen…
So ich gehe jetzt mal noch ein bisschen zu den anderen und
demnächst schlafen.
Gute Nacht,
Zeno
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