Montag, 5. November 2012

Election



So langsam rückt sie näher. Die große Entscheidung. Romney oder Obama. Übermorgen werden die Wähler in den Wahlkabinen stehen und über die Zukunft ihres Landes und in gewisser Weise auch über die Zukunft unserer Welt entscheiden.
 
Pennsylvania ist normaler Weise ein Demokratenstaat. Es gab einige Jahre in denen sie republikanisch gewählt haben aber auch diese Jahr wird davon ausgegangen, dass PA an Obama geht. Aus diesem Grund hat sich der Wahlkampf hier Zeit bis zur letzten Minute gelassen aber nun ist er da in seinen vollen und auch etwas abstrusen Ausmaßen.

Zu aller erst will ich kurz die Grundsituation hier beschreiben. Das, so finde ich, Grundproblem hie rist dasselbe wie in Deutschland. Junge Leute, sozial Benachteiligte und vor allem die Unterschicht geht nicht wählen. Aus Berichten der Camden Volunteers weiß ich, dass viele demokratisch eingestellt sind aber dadurch, dass sie nicht wählen, gehen ihre Stimmen einfach unter. Das ist ein großes Plus für die Republikaner. Diese bedienen sich der Oberschicht und vor allem auch der Mittelschicht. Sie bauen fest auf den American Dream (dass jeder wenn er nur hart arbeitet alles erreichen kann) und empfinden deswegen sozial Leistungen als hinaus geschmissenes Geld. Sie bauen vor allem auf das Bild des faulen, schwarzen oder hispanischem Manns der keine Lust auf Arbeit hat und deswegen Geld vom Staat schnorrt. Was mich unglaublich überrascht hat ist, dass wirklich viele Amerikaner das auch glauben. Vor allem Menschen die eigentlich Demokratisch wählen. Sie sind fest davon überzeugt, dass es Selbstverschulden ist, wenn Menschen im sozialen Elend versacken. Sie sehen nicht ein warum sie einige Prozent Mehrwertsteuer drauflegen sollen, obwohl diese nach meinem Empfinden ein Witz ist (auf Klamotten gar keine und auf einen Großteil 8% die an der Kasse aufgeschlagen werden) nur um etwas für diese Kriminellen zu tun. 
 
Tatsache ist aber, dass die Unterschicht zu großen Teilen aus weißen besteht und viele der Menschen dort einfach keine Hoffnung auf Aufstieg haben und deswegen im Drogen- und Prostitutionssumpf verschwinden. Um das zu sehen muss man nur nach Camden gehen. Es ist eine Form von sozialem Elend wie es sie in Europa nicht gibt. Über Jahrzehnte gewachsen und selten wurde etwas dagegen unternommen. Es ist ein akutes Problem mit dem sich die USA abgefunden haben anstatt dagegen anzugehen. Sehr problematisch. Vor allem da schon Geld hinein gesteckt wurde aber meistens nur vier Jahre während die Demokraten an der Macht waren. Danach haben die Republikaner alles mit dem Argument, dass ja wohl nichts dabei rausgekommen sei eingestellt, was oberflächlich betrachtet auch stimmt aber tatsächlich brauchen soziale Projekte einfach viel Zeit und Energie um Fuß zu fassen. 

Ein weiteres Grundproblem der Politik, so empfinde ich, ist die Bildung. Bildung ist unsagbar teuer. Hauptproblem, nach mir, ist, dass die staatlichen Schulen schlecht sind und zu wenig Geld bekommen um besser zu werden. Um ihren Kindern eine Chance zu bieten schicken die Eltern sie auf teure Privatschulen. So kann man für die Middleschool schon mal $10.000 pro Jahr hinlegen, die Highschool ist aber nochmal teurer. Unbezahlbar wird es wenn es dann an die höhere Schulbildung geht, die unbedingt notwendig ist um wenigstens eine grundlegende Chance auf dem Arbeitsmarkt zu haben. Die PennUniversty kostet $56.000 pro SEMESTER!!!! 

Sie ist zwar extrem gut (um der Wahrheit die Ehre zu geben die dritt beste Universität in den USA) aber selbst die Temple University kostet immer noch Unsummen. Besonders abstrus wird das Ganze, wenn Menschen wie ich an die Penn gehen. Sie nehmen einen Kredit für die Uni auf und gehen aus dem Studium mit knapp $300.000 Schulden und einige zahlen dieses Geld niemals zurück. Sie könne es schlichtweg nicht. Sie verbringen ihr ganzes Leben mit diesen Schulden. Eine Vorstellung die mich ehrlich gesagt geschockt hat.

Das sind die beiden Punkte die Grundproblematik in den USA darstellen. Wobei das Bildungssystem gar kein Wahlthema ist.

Nun zum Wahlkampf. 

Heute hat eine meiner Klientinnen einen Anruf bekommen von einer automatischen Bandansage, die innerhalb von 1min erklärt hat warum man Romney wählen soll. Das Ganze war so schnell dass ich nur das Wort Romney verstanden habe. Auf dem Weg zur nächsten Klientin sind mir zwei „Obama Autos“ über den Weg gefahren. Autos auf deren Dach Lautsprecher geschnallt wurden durch die Obama zum Volk spricht. Im Starbucks gibt es zweierlei Becher. Rote für Romney Wähler und Blaue für Obama Anhänger. Im Fernsehen kommen Werbespots in denen eine weiße Südstaaten Familie erklärt warum sie Romney wählen oder alternativ ein Schwarzer der erklärt wie die Republikaner seine Neighborhood zerstört haben. Besonders beliebt bei beiden Seiten ist zu erklären, dass der Gegner die Wirtschaft in die schlimmste Krise lenken wird die, die USA je erlebt haben. Nach Fernsehdebatten laufen einstündige Analysen der Körpersprache der Redner (ob das nun Präsidenten, Vizepräsidenten oder irgendwelche Senatoren waren ist egal). Das zweifellose Highlight sind die Obama Actionfiguren die es in praktisch jeden Spielzeugwarenladen zu kaufen gibt. (Allein die Vorstellung einer Merkel Puppe mit Bürste zum Haare kämmen… Bizarr).

Wie man sieht das ganze läuft auf einer unglaublich emotionalen Ebene ab. So werden Argumente bei Debatten häufig nicht auf ihren Inhalt geprüft sondern es geht hauptsächlich um die Art wie sie vorgetragen werden. Der Wahlkampf wird Herz und Tränen gewonnen nicht mit Verstand. Das Ganze ist so befremdlich. In der Schule wurde oft darüber gesprochen, dass der Wahlkampf hier so abläuft aber wirklich begreifen kann man es erst wenn man hier ist und das erste Mal jemanden aus einen Romney Kaffebecher Cappuccino trinken sieht. Das alles hat etwas sehr amerikanisches.
Die Deutschen sind ein rationales und pragmatisches Völkchen. Wenn man dort lebt will man es häufig nicht glauben aber es ist so. So schmeißen die Deutsche ihre Einkäufe nicht einfach aufeinander in den Wagen sondern räumen sie so ein, dass das Gemüse danach auch noch gut aussieht. Die Amerikaner sind viel Schein. Es wird viel mit Images und Assoziationen gearbeitet. Die Werbung ist viel emotionaler gemacht als die deutsche. Eine Highschool Studentin hat mir mal gesagt, dass man mir sofort anmerke, dass ich nicht aus den Staaten komme, weil ich viel zu „Put together“ für mein Alter sei. Ich finde das alles spiegelt sich gerade in diesem Augenblick in der Wahl wieder. Und so unverständlich das klingen mag, es ist wahnsinnig sympathisch.

Ich hoffe man hat einen kleinen Einblick in die Wahl bekommen. Ich gehe jetzt ein Bad nehmen um mal so richtig zu entspannen.

Zeno

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