Heute war ich in der ärmsten Stadt der USA. Camden liegt auf
der Gegenüberliegenden Seite des Delawares und es sieht aus wie eine Suburb von
Philadelphia aber es gehört schon zu New Jersey nicht mehr zu Pennsylvania. Als
ich Erik, einem meiner Mitbewohner, erzählt habe, dass ich dort hingehen werde
meinte er: „Camden… It’s a rough area“
Das trifft es ganz gut. Die Stadt hat eine unglaublich hohe
Kriminalitätsrate. Nach Downtown sollte man nach Möglichkeit niemals gehen und
Nachts dürfen die Freiwilligen in Camden nicht raus.
Ich bin mittags mit dem Bus hin gegondelt. Man merkt den
Unterschied sofort, sobald man die Brücke verlassen hat. Es herrscht Armut.
Keine Armut wie es sie in Deutschland gibt. Es ist eine Mischung aus sozialem
Elend, keinerlei Aufstiegschancen und viel Kriminalität. Es ist fast körperlich
spürbar. Es ist nicht wirklich bedrohlich. Es ist ein präsentes Gefühl aber
nicht bedrückend. Es macht einem bewusst, dass man einer anderen Schicht
angehört. Die Stadt ist teilweise total runtergekommen. Im Bus saß neben mir
ein Hispanic der mit zitternden Händen, bleich und Schweiß gebadet, zwei Pillen
fein säuberlich einpackte, die bestimmt keine Medikamente waren. Vor mir saß
ein schwarzer der mich die ganze Fahrt über misstrauisch angesehen hat und erst
weg geschaut hat als ich ihn anlächelte.
In Camden angekommen wurde ich von den beiden Mädels
abgeholt. Sie haben mich zu ihrem Haus eskortiert. Auf der Weg dorthin hat
bestimmt jedes dritte Auto angehalten gehupt und es kamen einige nicht ganz so
harmlose Kommentare von den Männern die sie fuhren. Die Nachbarschaft in der
sie wohnen ist eine der etwas besseren Gegenden. Man ist dort nicht sicher aber
zumindest ist es tagsüber nicht übermäßig gefährlich. Das Haus ist schief und
krumm, etwas runtergekommen aber es hat diesen typischen meine-erste-eigene-Wohnung
Charme. Es ist ziemlich schlecht isoliert aber das ist mein Zimmer auch (im
Moment ist es wirklich kalt bei mir) aber dafür hängen überall Lichterketten
und es ist einfach gemütlich. Ich hatte mir vorgestellt in so einem Haus
untergebracht zu sein, als ich die Zusage von ASF bekam.
Wir haben gemeinsam gegessen und sind dann durch die
Nachbarschaft gezogen und haben die Kirche und die Wohnung angeschaut in der
sie arbeiten. Es ist wirklich schön. Es ist eines jener Projekte wo man immer
das Gefühl haben wird man tut etwas Sinnvolles. Ursprünglich wollte ich in so
ein Projekt aber jetzt bin ich glücklich mein Projekt bekommen zu haben. Es ist
perfekt für mich. Philly ist meine Heimat, das Haus mein zu Hause und die Arbeit
ist mein Ding. In Camden hätte ich glaube nicht so gut reingepasst. Ich bin zu
sehr ein Kulturmensch und auf meinen Luxus bedacht, als dass ich mich so
einschränken könnte. In Camden geht es hauptsächlich um das Projekt. Für mich
spielt die Erfahrung in Philly zu sein und hier etwas zu tun und mein Leben
hier aufzubauen eine größere Rolle. Trotzallem finde ich ist es eine wichtige
Erfahrung für mich mal in Camden gewesen zu sein und jetzt, da ich weiß wie
charmant es dort sein kann, werde ich die Mädchen glaube ich öfters Mal
besuchen.
Ich gehe jetzt mal die Heizung suchen und schlafen,
Zeno
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