Sonntag, 7. Oktober 2012

Camden



Heute war ich in der ärmsten Stadt der USA. Camden liegt auf der Gegenüberliegenden Seite des Delawares und es sieht aus wie eine Suburb von Philadelphia aber es gehört schon zu New Jersey nicht mehr zu Pennsylvania. Als ich Erik, einem meiner Mitbewohner, erzählt habe, dass ich dort hingehen werde meinte er: „Camden… It’s a rough area“
 
Das trifft es ganz gut. Die Stadt hat eine unglaublich hohe Kriminalitätsrate. Nach Downtown sollte man nach Möglichkeit niemals gehen und Nachts dürfen die Freiwilligen in Camden nicht raus.
Ich bin mittags mit dem Bus hin gegondelt. Man merkt den Unterschied sofort, sobald man die Brücke verlassen hat. Es herrscht Armut. Keine Armut wie es sie in Deutschland gibt. Es ist eine Mischung aus sozialem Elend, keinerlei Aufstiegschancen und viel Kriminalität. Es ist fast körperlich spürbar. Es ist nicht wirklich bedrohlich. Es ist ein präsentes Gefühl aber nicht bedrückend. Es macht einem bewusst, dass man einer anderen Schicht angehört. Die Stadt ist teilweise total runtergekommen. Im Bus saß neben mir ein Hispanic der mit zitternden Händen, bleich und Schweiß gebadet, zwei Pillen fein säuberlich einpackte, die bestimmt keine Medikamente waren. Vor mir saß ein schwarzer der mich die ganze Fahrt über misstrauisch angesehen hat und erst weg geschaut hat als ich ihn anlächelte. 

In Camden angekommen wurde ich von den beiden Mädels abgeholt. Sie haben mich zu ihrem Haus eskortiert. Auf der Weg dorthin hat bestimmt jedes dritte Auto angehalten gehupt und es kamen einige nicht ganz so harmlose Kommentare von den Männern die sie fuhren. Die Nachbarschaft in der sie wohnen ist eine der etwas besseren Gegenden. Man ist dort nicht sicher aber zumindest ist es tagsüber nicht übermäßig gefährlich. Das Haus ist schief und krumm, etwas runtergekommen aber es hat diesen typischen meine-erste-eigene-Wohnung Charme. Es ist ziemlich schlecht isoliert aber das ist mein Zimmer auch (im Moment ist es wirklich kalt bei mir) aber dafür hängen überall Lichterketten und es ist einfach gemütlich. Ich hatte mir vorgestellt in so einem Haus untergebracht zu sein, als ich die Zusage von ASF bekam. 

Wir haben gemeinsam gegessen und sind dann durch die Nachbarschaft gezogen und haben die Kirche und die Wohnung angeschaut in der sie arbeiten. Es ist wirklich schön. Es ist eines jener Projekte wo man immer das Gefühl haben wird man tut etwas Sinnvolles. Ursprünglich wollte ich in so ein Projekt aber jetzt bin ich glücklich mein Projekt bekommen zu haben. Es ist perfekt für mich. Philly ist meine Heimat, das Haus mein zu Hause und die Arbeit ist mein Ding. In Camden hätte ich glaube nicht so gut reingepasst. Ich bin zu sehr ein Kulturmensch und auf meinen Luxus bedacht, als dass ich mich so einschränken könnte. In Camden geht es hauptsächlich um das Projekt. Für mich spielt die Erfahrung in Philly zu sein und hier etwas zu tun und mein Leben hier aufzubauen eine größere Rolle. Trotzallem finde ich ist es eine wichtige Erfahrung für mich mal in Camden gewesen zu sein und jetzt, da ich weiß wie charmant es dort sein kann, werde ich die Mädchen glaube ich öfters Mal besuchen.

Ich gehe jetzt mal die Heizung suchen und schlafen,

Zeno

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen