Samstag, 27. Oktober 2012

Die Kehrseite



Gestern war kein besonders guter Tag. Hauptproblem war eigentlich, dass ich seit zwei Wochen nie wirklich viel Schlaf bekommen habe, weil ich immer unterwegs war und morgens früh raus musste. Wenn ich müde bin werde ich immer etwas empfindlich und launisch. Auf der Arbeit war das nicht schlimm, schließlich war ich alleine (Mark ist Projekte im Norden besuchen und Katharina zu Hause in Washington). Deswegen habe ich den ganzen Tag nur an der Datenbank für die Akten gearbeitet. Eine unglaubliche Arbeit bei der man verrückt wird, wenn man sie zu lange macht.
 
Nach dem ich dann fertig war bin ich noch einkaufen im Reading und habe dort knapp $15 gelassen. $5 für Gemüse, weil das was ich brauchte nicht im Angebot war, $4 für Kokosmilch (reiner Wucher) und $6 für einen Zimtschneckenring um endlich mal wieder etwas Zuckriges zu essen. Mit drei Tüten bepackt (man bekommt alles immer in eine extra Tüte gepackt, warum keine Ahnung), wollte ich dann nach Hause als mir eingefallen ist, dass mir noch Brühwürfel fehlen. Also bin ich auf dem Heimweg bei Wholefoods vorbei, weil ich dachte „Naja ein popliger Brühwürfel wird schon nicht so teuer sein“. Tja naja falsch gedacht. $6 für eine Packung Veganer Hähnchen Brühe (wie das möglich sein soll muss man mir noch erklären). Sehr verärgert habe ich 20 min gewartet, da gerade Feierabend war. Zu Hause angekommen habe ich gleich angefangen zu kochen, um auch pünktlich ins Orchester zu kommen. Leider ist mir dann aufgefallen, das mir für meine Suppe eine einzige Zitrone fehlt und ich es mit dem Kochen nicht mehr schaffe. Also das ganze geschnippelte Gemüse in den Kühlschrank schnell alles zusammen gepackt und in Richtung Bus geeilt.

Ich war fünf Minuten zu früh. Der Bus war pünktlich du ist genau um 7.05pm an mir vorbei gerauscht. Also bin ich schnell zur U-Bahn. Leider hat mich der Angestellte in die falsche Richtung geschickt. Da war mir dann alles zu blöd. Ich war müde, hungrig, unausgeglichen und ich hatte mich den ganzen Monat vom Orchester abgemeldet. Ich bin nach Hause. Auf dem Weg habe ich eine Zitrone für $1 gekauft und dann zu Hause die Suppe gekocht. Nach dem Essen habe ich dann einen Film gesehen. Was keine so gute Idee war, weil es eine Szene gab in der ich wirklich weinen musste. Eigentlich peinlich, weil der Film nicht so besonders war.

Der Film hieß V wie Vendetta und laut Wikipedia war das mal ein britischer Comic der nach dem 2. Weltkrieg entstanden war und in dem die Angst vor einem neuen dritten Reich verarbeitet wurde. Nun das sagt das meiste. Es ist ein Gewaltregime, dass die Menschen unterdrückt mit einem Führer der mit eiserner Faust Krieg führt. Während dessen werden alle die nicht ins Raster passen entführt und getötet.

Die Szene die mich so berührt hat war folgende:
Eine Frau wurde entführt, weil sie im Widerstand ist. In ihrer Zelle entdeckt sie, auf eine Klopapierrolle geschrieben, die Biographie einer Schauspielerin. Dies war lesbisch und hat erzählt, wie sie ihr Coming out hatte, ihre Lebensgefährtin während eines Dreh gefunden hat und sie beide gemeinsam ein glückliches Jahr „voller Rosen“ hatten (eine schöne Metapher). Dann wurde zuerst ihre Lebensgefährtin entführt und dann sie. Sie schrieb von der Angst die sie hatte aber am meisten bewegt hat mich der letzte Teil:

„I hope that you can escape this place. I hope that things turn better but what I hope most of all is that you understand what it means when I tell you that, even though I do not know you and even though I may never meet you, love with you, cry with you or kiss you, I love you, with all my heart. I love you. 

Valerie”

Diese Szene hat mich unglaublich berührt und dieser letzte Absatz hat mich wirklich zum Weinen gebracht. 

Das blöde an meiner Situation hier ist, dass ich in solchen Situationen niemanden habe, den ich kurz mal anrufen kann und mit ihm oder ihr reden nur um auf andere Gedanken zu kommen oder einfach nur um zu hören ach ist doch nicht so schlimm. Ich bin hier mehr oder weniger alleine. Natürlich habe ich hier Yvonne wofür ich sehr dankbar bin, weil sie wirklich ein ganz tolles Mädchen ist aber sie ist in Camden, was ein logistisches Problem darstellt und außerdem kann ich sie nicht so dermaßen nerven. Das ist so der einzige Punkt der nicht ganz so toll ist hier.

Es ist ziemlich schwer neue Leute kennen zu lernen. Die Schule und die Uni als Begegnungspunkt fallen weg und über das Orchester und Couch Surfing lerne ich zwar Leute kennen aber das sind halt vorerst nur Bekanntschaften. Nun ja. Es ist glaube ich ganz gut, weil ich dann lerne wie ich alleine mit solchen Situationen umgehen kann und wer weiß vielleicht finde ich hier ja noch ein paar Freunde.

Wie dem auch sei. Ich geh jetzt nach Central City rein. Ich kriege Besuch. Euch einen schönen Tag,

Zeno

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